Wie Landwirte, Lebensmittelunternehmen und Kommunen zum Klimaschutz beitragen können
Autor: Bernhard Aumann
Klimaschutz ist heute eine Gemeinschaftsaufgabe. Ob landwirtschaftlicher Betrieb, Lebensmittelkonzern oder Kommune – alle stehen vor der Herausforderung, ihre CO₂-Emissionen zu senken und zum Erreichen der Klimaziele beizutragen. Begriffe wie Carbon Offsetting und Carbon Insetting gewinnen in diesem Kontext an Bedeutung. Doch was bedeuten sie genau, wo liegen die Unterschiede, und wie kann tgo AG Sie dabei unterstützen? In diesem Blogbeitrag erklären wir umfassend und leicht verständlich die Konzepte Offsetting vs. Insetting, geben praxisnahe Beispiele und zeigen, wie Emittenten, Senken-Inhaber (z. B. Landwirte) sowie Anbieter von Carbon-Removal-Lösungen gemeinsam aktiv den Klimaschutz vorantreiben können.
Wir betrachten zunächst die Definition der beiden Ansätze und die relevanten CO₂-Emissionskategorien (Scopes), bevor wir auf die spezifische Relevanz für Landwirtschaft, Lebensmittelbranche und Kommunen eingehen. Außerdem beleuchten wir aktuelle regulatorische Entwicklungen (wie die neue EU-Regulierung für CO₂-Entnahmen, CSRD und CO₂-Bepreisung), erfolgreiche Praxisbeispiele – etwa von Stena Line, Nestlé oder Klim – sowie mögliche Kritikpunkte und Risiken. Abschließend ordnen wir strategisch ein, warum Vermeiden und Reduzieren von Emissionen sowie Insetting Vorrang vor Offsetting haben sollten („Avoid – Reduce – Inset – Offset“) und wie die tgo AG als Experte für nachhaltige Lieferketten, Carbon Farming und Klimastrategien Sie bei der Umsetzung
unterstützen kann.
Was bedeuten Carbon Offsetting und Insetting?
Carbon Offsetting (CO₂-Kompensation) bezeichnet das Ausgleichen eigener Treibhausgas-Emissionen durch Investitionen in externe Klimaschutzprojekte. Ein Unternehmen oder eine Kommune kompensiert z. B. die eigenen Emissionen, indem es anderswo ein Projekt finanziert, das Emissionen einspart oder CO₂ bindet – etwa Aufforstung in einem anderen Land oder Investitionen in erneuerbare Energien außerhalb der eigenen Wertschöpfungskette. Wichtig ist: Beim klassischen Offsetting erfolgen die Emissionsminderungen außerhalb des eigenen Betriebs oder der Lieferkette.
Carbon Insetting demgegenüber fokussiert sich auf Klimaschutz innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette. Laut der International Platform for Insetting (IPI) sind Insetting-Projekte „Interventionen entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens, die darauf ausgerichtet sind, Treibhausgasemissionen zu reduzieren und Kohlenstoff zu speichern und gleichzeitig positive Auswirkungen für Gemeinschaften, Landschaften und Ökosysteme zu schaffen“ (proba.earth). Einfach gesagt: Statt externe Projekte zu finanzieren, setzen Unternehmen beim Insetting bei sich selbst und ihren Partnern an. Maßnahmen werden in der eigenen Lieferkette oder Betriebsumgebung umgesetzt, um Emissionen direkt an der Quelle zu senken (climateseed.com). Carbon Insetting bedeutet also, Klimaschutzprojekte ins eigene Umfeld zu integrieren, z. B. mit Lieferanten, Landwirten oder in eigenen Anlagen, anstatt lediglich Zertifikate fremder Projekte zu kaufen. Dadurch entstehen neben der CO₂-Reduktion oft weitere positiven Effekte in der Wertschöpfungskette – etwa bessere Böden, höhere Biodiversität oder sozioökonomische Vorteile für Partner vor Ort.
Kurz gefasst: Beim Offsetting werden Emissionen durch Projekte außerhalb der eigenen Organisation ausgeglichen (externe CO₂-Kompensation). Beim Insetting werden Emissionen innerhalb der eigenen Liefer- und Wertschöpfungskette gemindert oder gebunden. Unternehmen investieren also direkt in interne Verbesserungen – z. B. nachhaltige Landwirtschaft bei Zulieferern – statt in externe Ausgleichsprojekte. Dieser Unterschied ist wesentlich, da Insetting zu einer echteren und umfassenderen Emissionsreduktion im Kerngeschäft führt.
CO₂-Emissionskategorien: Scope 1, 2 und 3
Um die Wirkung von Insetting besser einordnen zu können, lohnt ein Blick auf die drei Kategorien von Treibhausgas-Emissionen gemäß dem Greenhouse Gas Protocol: Scope 1, Scope 2 und Scope 3. Diese Scopes helfen zu definieren, wo Emissionen entstehen – direkt im eigenen Betrieb oder indirekt in vor- oder nachgelagerten Prozessen.
CO₂-Emissionskategorien (Scopes):
- Scope 1: Direkte Emissionen aus eigenen Quellen des Unternehmens oder der Organisation. Dazu zählen z. B. Emissionen aus der Verbrennung von Treibstoffen in firmeneigenen Fahrzeugen, Maschinen oder Heizkesseln sowie Prozess-Emissionen in der Industrie.
- Scope 2: Indirekte Emissionen aus der Energieerzeugung, die von der Organisation genutzt wird. Das klassische Beispiel sind Emissionen aus der Produktion von zugekauftem Strom, Dampf, Wärme oder Kälte, der im eigenen Betrieb verbraucht wird (obwohl die Emission nicht vor Ort, sondern im Kraftwerk entsteht).
- Scope 3: Alle weiteren indirekten Emissionen entlang der Wertschöpfungskette (vor- und nachgelagert). Diese machen häufig den größten Anteil aus und umfassen Emissionen bei Lieferanten (Herstellung der eingekauften Rohstoffe und Vorprodukte, Landwirtschaft), Logistik (Transport der Waren), Geschäftsreisen, Nutzung und Entsorgung der verkauften Produkte durch Kunden und vieles mehr. Man spricht daher auch von Value-Chain-Emissionen.
Scope 1 und 2 Emissionen kann ein Unternehmen meist relativ direkt kontrollieren – etwa durch Effizienzmaßnahmen oder Umstieg auf Ökostrom. Scope 3-Emissionen hingegen liegen in der Lieferkette und Nutzung der Produkte und sind oft schwieriger zu messen und zu mindern. In vielen Branchen (besonders Lebensmittel/ Landwirtschaft) machen Scope 3-Emissionen den Löwenanteil (teils 75 % oder mehr) des CO₂-Fußabdrucks aus. Hier kommt Carbon Insetting ins Spiel: Insetting zielt speziell auf diese indirekten Emissionen ab, indem es Klimaschutzprojekte direkt in der Lieferkette anstößt. Unternehmen können so einen strukturellen Beitrag leisten, um große Teile ihrer Scope 3-Emissionen zu reduzieren.
Ein Beispiel: Ein Lebensmittelhersteller hat hohe CO₂-Emissionen durch landwirtschaftliche Zulieferer (Scope 3 upstream). Mit Insetting-Projekten – etwa Förderung regenerativer Landwirtschaft bei seinen Vertragslandwirten – kann er diese Emissionen an der Wurzel senken, anstatt sie nur durch den Kauf externer Zertifikate auszugleichen. Insetting integriert Klimaschutz in die eigenen Geschäftsabläufe, was zu nachhaltigen Innovationen und resilienteren Lieferketten führen kann.
Relevanz von Carbon Insetting für landwirtschaftliche Betriebe
Für Landwirte und landwirtschaftliche Betriebe bietet Carbon Insetting eine große Chance, aktiv am Klimaschutz mitzuwirken und gleichzeitig vom Wandel zu nachhaltigeren Methoden zu profitieren. Landwirtschaft ist nicht nur Emittent von Treibhausgasen (z. B. durch Tierhaltung oder Düngemitteleinsatz), sondern birgt vor allem ein enormes Potenzial als Kohlenstoffsenke – bspw. durch Speicherung von CO₂ im Boden (Humusaufbau) oder in der Vegetation (Agroforst).
Regenerative Landwirtschaft ist hier das Stichwort. Durch Maßnahmen wie schonende Bodenbearbeitung (Minimalpflügen), Zwischenfruchtanbau, Dauerbegrünung, Fruchtfolgevielfalt und organische Düngung wird der Humusgehalt im Boden erhöht. Humusreiche Böden können jährlich beträchtliche CO₂-Mengen pro Hektar bindenund dauerhaft speichern, während zugleich die Bodenfruchtbarkeit und Wasserspeicherfähigkeit steigen. Landwirte, die solche Methoden umsetzen, reduzieren nicht nur eigene Emissionen (weniger synthetischer Dünger = weniger Lachgas; gesünderer Boden = höherer Ertrag bei ggf. geringerem Energieaufwand), sondern können das zusätzlich gebundene CO₂ als Klimaschutzleistung verbuchen. Im Rahmen von Insetting-Programmen innerhalb von Lebensmittel-Lieferketten werden Landwirte für diese Leistungen oft finanziell honoriert – etwa durch einen Zuschlag für klimafreundlich produzierte Rohstoffe oder durch handelbare Zertifikate für gespeichertes CO₂ (Carbon Farming).
Für landwirtschaftliche Betriebe ergeben sich somit mehrere Vorteile: Sie diversifizieren ihr Einkommen (zusätzliche Erlöse aus Klimaschutzmaßnahmen), verbessern die Boden- und Umweltqualität ihres Hofes und stärken die langfristige Produktivität. Zudem steigen die Chancen, als bevorzugter Lieferant für nachhaltig orientierte Lebensmittelhersteller ausgewählt zu werden. Insetting schafft eine Win-Win-Situation: Der Landwirt wird zum „Senken-Inhaber“, der aktiv CO₂ auf seinen Flächen einlagert, und der Emittent (z. B. ein Lebensmittelunternehmen) kann diese Einsparungen auf sein Klimakonto verbuchen, während beide Seiten die landwirtschaftliche Wertschöpfungskette nachhaltiger gestalten.
Praktisch kann dies z. B. folgendermaßen aussehen: Ein Milchbauer stellt auf klimafreundliche Bewirtschaftung um – Futteranbau mit Zwischenfrüchten, Weidehaltung zur Förderung von Dauergrünland, Aufforstung von Feldhecken. Dadurch bindet er pro Jahr eine messbare Menge CO₂ im Boden und in der Biomasse. Über ein Insetting-Programm erhält er von einem Molkereiunternehmen oder via Plattformen wie Klim finanzielle Vergütungen je Tonne gebundenes CO₂. Die Molkerei wiederum kann diese Menge an gebundenem CO₂ nutzen, um ihre Klimabilanz (Scope 3) zu verbessern und glaubhaft zu kommunizieren, dass die Emissionen der Milchproduktion durch konkrete Maßnahmen bei den Lieferanten reduziert werden.
Humusaufbau-Initiativen in Deutschland sind ein gutes Beispiel: Einige Programme (etwa regionale Humuszertifikate in Bundesländern) erlauben es Landwirten, für nachgewiesenen zusätzlichen Humus und Kohlenstoff im Boden Zertifikate zu erhalten, die von Unternehmen – bevorzugt aus der Region – gekauft werden. Wichtig ist hierbei die Zusätzlichkeit und Überprüfbarkeit: Nur Klimaleistungen, die über das normale Wirtschaften hinausgehen und mittels Bodentests/Messungen belegt werden, kommen als Insetting-Gutschrift infrage. Daher arbeiten viele Landwirte mit wissenschaftlicher Begleitung und standardisierten Methoden, um die CO₂-Sequestrierung exakt zu quantifizieren.
Neben Bodenhumus bieten auch Agroforstsysteme (Bäume und Sträucher auf landwirtschaftlichen Flächen), Moorrenaturierung auf landwirtschaftlich genutzten Niedermoorböden oder Aufforstungen auf Hof-Flächen Potenzial für Insetting. Landwirte können so zu aktiven Klimaschützern werden. Durch Partnerschaften – etwa über Programme, die von der tgo AG mitgestaltet oder betreut werden – lassen sich solche Projekte finanzieren und in die Breite tragen. So entsteht ein Netzwerk aus Emittenten und Senken-Inhabern, das beiden Seiten Vorteile bringt: Klimaschutz in der Region, Imagegewinn und neue Einkommensquellen für die Landwirtschaft.
Relevanz für Lebensmittelunternehmen (Scope-3-Reduktion in der Lieferkette)
Für Lebensmittelunternehmen – von der regionalen Molkerei bis zum internationalen Konzern – ist Carbon Insetting ein zentraler Hebel, um ihre oft umfangreichen Scope-3-Emissionen entlang der Lieferkette zu reduzieren. In der Lebensmittelbranche entstehen die meisten Emissionen typischerweise bei Anbau und Erzeugung der landwirtschaftlichen Rohwaren (Milch, Fleisch, Getreide, Kakao etc.), also upstream in der Zulieferkette. Hier setzen immer mehr Unternehmen an, um ihre Klimaziele zu erreichen.
Anstatt ausschließlich auf externe Kompensationsprojekte zu setzen, gehen führende Lebensmittelhersteller dazu über, mit ihren Lieferanten gemeinsam Klimaschutzprojekte umzusetzen – klassisches Insetting. So hat beispielsweise Nestlé angekündigt, bis 2030 einen großen Teil seiner Rohstoffe aus regenerativer Landwirtschaft zu beziehen und investiert dafür Milliardenbeträge in Programme mit Landwirten. Konkret unterstützt Nestlé seine Vertragsbauern beim Umstieg auf bodenschonende Anbaumethoden, Agroforst (z. B. Schattenbäume in Kaffee- und Kakaoplantagen) und Emissionsminderungen in der Viehhaltung. Dadurch will Nestlé einerseits die Lieferketten-Emissionen (Scope 3) senken und andererseits die Resilienz der Lieferkette erhöhen – gesunde Böden und nachhaltige Farmen sichern schließlich auch die Rohstoffversorgung für die Zukunft. Ein Beispiel ist das Nescafé Plan 2030 Programm, bei dem Nestlé über 1 Mrd. CHF in Hilfe für Kaffeebauern investiert, um regenerative Praktiken einzuführen und so die CO₂-Bilanz des Kaffees zu verbessern. Solche Initiativen gelten als Vorzeigeprojekte für Insetting in großem Maßstab.
Neben großen Konzernen können auch kleinere Lebensmittelproduzenten Insetting betreiben. Etwa eine regionale Molkerei, die mit ihren Milchbauern Vereinbarungen zur Fütterungsumstellung (weniger importiertes Soja, mehr heimischer Kleegras-Anbau), Güllevergärung (Biogas) und Weidegang trifft – all das reduziert die Emissionen pro Liter Milch. Die Molkerei kann diese Verbesserungen bilanziell geltend machen und ihren Kunden eine nachweisbar klimafreundlichere Milch anbieten. Ein weiteres Beispiel: Ein Getreideverarbeiter (Mühle oder Bäckerei) unterstützt seine Getreide-Lieferanten bei der Einführung von Kohlenstofffarm-Methoden und kauft bevorzugt von jenen Betrieben, die pro Hektar eine definierte CO₂-Einsparung erreichen. Dadurch sinken die produktbezogenen Emissionendes Mehls/Brotes, was zunehmend auch für Endkunden und Handel ein wichtiges Kriterium wird.
Warum hat Insetting hier Priorität? Zum einen fordern neue Regulierungen (dazu im nächsten Abschnitt mehr) von Unternehmen zunehmend transparente Klimastrategien und die Reduktion von Scope 3-Emissionen. Offsets einzukaufen reicht oft nicht mehr aus, um als wirklich nachhaltig zu gelten. Zum anderen bietet Insetting handfeste betriebswirtschaftliche Vorteile: Effizientere und nachhaltigere Lieferketten bedeuten oft auch weniger Ressourcenverbrauch, geringere Abhängigkeiten und ein besseres Image bei Verbrauchern. Projekte wie Klim – ein Start-up, das Landwirte und Unternehmen für Carbon Farming zusammenbringt – zeigen, dass Unternehmen der Lebensmittelbranche bereit sind, in partnerschaftliche Programme mit der Landwirtschaft zu investieren, anstatt nur anonyme Zertifikate zu erwerben. Das Ergebnis sind oft dauerhafte Emissionsreduktionen, die Jahr für Jahr anfallen, statt einmaliger Kompensationskäufe.
Ein realer Erfolgsfall ist z. B. das Unternehmen Nestlé (nochmals), das in Deutschland mit Landwirten und Dienstleistern an Pilotprojekten zum Humusaufbau arbeitet (etwa über Partnerplattformen). Ebenso hat das schwedische Unternehmen Oatly (Hafermilch) mit seinen Vertragslandwirten ein Programm gestartet, um den CO₂-Fußabdruck des Haferanbaus zu verringern, anstatt nur Offsets zu kaufen. Diese Beispiele verdeutlichen: Lieferketten-Initiativen zur Emissionsminderung werden zum neuen Standard für Unternehmen, die ernsthaft klimaneutral werden wollen. Insetting ist dabei der Schlüssel, um Scope 3-Reduktionen greifbar und für alle Beteiligten nutzbringend umzusetzen.
Relevanz für Kommunen: Klimaschutz durch lokale Insetting-Ansätze
Nicht nur Unternehmen, auch Städte und Gemeinden (Kommunen) suchen nach Wegen, ihre Klima-Bilanz zu verbessern. Viele Kommunen haben ehrgeizige Ziele (Klimaneutralität bis 2035 oder 2040 etc.) und müssen dafür ihre Emissionen aus Verwaltung, Verkehr, Energie und Abfall reduzieren. Doch was tun mit den Restemissionen, die sich nicht sofort vermeiden lassen? Hier kommt – analog zur Unternehmenswelt – das Prinzip Insetting vs. Offsetting ins Spiel.
Kommunales Offsetting bedeutete bislang oft, dass Städte für ihre unvermeidbaren Emissionen (z. B. aus dem Gasverbrauch städtischer Gebäude oder dem kommunalen Fuhrpark) Kompensationszertifikate gekauft haben, etwa für Aufforstungsprojekte in Entwicklungsländern. Diese Praxis wird jedoch zunehmend kritisch gesehen, da sie wenig regionale Wertschöpfung bringt und manchmal Unsicherheit besteht, ob die Kompensationswirkung tatsächlich eintritt (Stichwort Greenwashing).
Immer mehr Kommunen überlegen daher, Klimaschutzprojekte im eigenen Wirkungsbereich umzusetzen, um Emissionen lokal zu binden – also eine Art kommunales Insetting. Konkrete Ansatzpunkte sind z. B.:
- Energetische Maßnahmen vor Ort: Investitionen in erneuerbare Energien (Solarparks, Windräder) auf kommunalen Flächen, energetische Sanierung kommunaler Gebäude, Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED etc. – all das reduziert direkt die Scope 1/2-Emissionen der Kommune. Für verbleibende Emissionen kann die Kommune in regionale Projekte investieren, die CO₂ aufnehmen, anstatt internationale Zertifikate zu kaufen.
- Regionale Aufforstungs- und Moorschutzprojekte: Eine Gemeinde kann z. B. gemeinsam mit dem örtlichen Forstbetrieb Aufforstungen von Gemeindewäldern vornehmen oder Moore im Umland renaturieren. Das gebundene CO₂ wird dann der kommunalen Bilanz gutgeschrieben. So bleiben die Kompensationsgelder in der Region und schaffen gleichzeitig Erholungsflächen und Naturschutzwert.
- Partnerschaften mit lokalen Landwirten: Hier schließt sich der Kreis zum oben beschriebenen landwirtschaftlichen Insetting. Eine Kommune könnte Landwirte im Stadtgebiet oder Umland dafür gewinnen, an Humusaufbau-Programmen teilzunehmen oder Agroforst zu betreiben, finanziert durch kommunale Klimaschutzmittel. Die Stadt “setzt ein” ihre Emissionen in der eigenen Nachbarschaft – z. B. indem sie Landwirten einen Bonus für jede Tonne CO₂ zahlt, die diese nachweislich im Boden speichern. So entsteht eine Stadt-Land-Kooperation: Die Kommune erreicht ihre Klimaziele auf glaubwürdige Weise, während die lokale Landwirtschaft gefördert wird.
- Kreislaufwirtschaft und Abfall: Maßnahmen, die Emissionen aus Abfällen reduzieren (Kompostierung, Biokohle aus Grünschnitt etc.), können Emissionen mindern und Kohlenstoff binden. Kommunen können hier innovative Projekte initiieren, deren Klimanutzen sie sich anrechnen.
Ein praktisches Beispiel: Die Stadt Heidelberg hat angekündigt, für ihre Restemissionen bevorzugt regionale Waldaufforstungen zu nutzen, anstatt globale Offsets zu kaufen. Andere Kommunen pilotieren Klimakonten mit lokalen Landwirten. So werden etwa im Allgäu Gemeinden und Bauern zusammengebracht, um Humuszertifikate lokal zu handeln – mit Unterstützung von Wissenschaft und Beratern. Solche Modelle stehen noch am Anfang, doch sie zeigen die Zukunft auf: Kommunen als Vorreiter für lokales Insetting, bei dem Bürger, Bauern und kommunale Betriebe kooperieren.
Für Kommunen bietet sich oft die Zusammenarbeit mit erfahrenen Partnern an. Die tgo AG etwa berät Kommunenbei der Entwicklung regionaler Klimaschutzprojekte und beim Aufbau von Partnerschaften (z. B. Stadt-Land-Kooperationen für Carbon Farming). Dadurch können Gemeinden sicherstellen, dass ihre Insetting-Ansätze wissenschaftlich fundiert, messbar und wirkungsvoll sind – und gleichzeitig soziale Akzeptanz vor Ort genießen.
Aktuelle regulatorische Entwicklungen im Carbon-Management
Die Klimaschutz- und Berichtslandschaft ist in Bewegung. Sowohl auf EU-Ebene als auch national entstehen neue Rahmenbedingungen, die Insetting und Offsetting betreffen und für Unternehmen wie Kommunen relevant sind. Hier ein Überblick der wichtigsten Entwicklungen (Stand 2025):
- EU Carbon Removal Regulation: Die Europäische Union arbeitet an einer Regulierung zur Zertifizierung von CO₂-Entnahmen. Bislang gibt es vor allem freiwillige Standards für Carbon Removal (wie Verra oder Gold Standard für Aufforstung, Humus etc.). Die EU möchte nun einen verbindlichen Rahmen schaffen, um hochwertige CO₂-Entnahmen eindeutig zu definieren und zertifizierbar zu machen. Unter dieser Regulierung – oft als EU-Carbon-Removal-Zertifizierungsrahmen bezeichnet – sollen Kriterien festgelegt werden, damit ein Carbon Removal (z. B. 1 Tonne CO₂ in Boden oder Biomasse gespeichert) EU-weit anerkannt und ggf. handelbar wird. Für Insetting ist das relevant: Wenn ein Unternehmen z. B. Humusaufbau in seiner Lieferkette betreibt, könnte es nach dieser Regulierung offizielle CO₂-Zertifikate dafür erhalten, die es entweder im Kohlenstoffmarkt handeln oder gegen eigene Emissionen anrechnen kann (mit hoher Glaubwürdigkeit). Die EU-Kommission hat Ende 2022 einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt und 2023/24 liefen die Verhandlungen – man rechnet mit einem Inkrafttreten um 2025/26. Dieses Regelwerk soll Transparenz und Vertrauen schaffen, aber es wird auch Anforderungen an Monitoring, Reporting und Verifizierung (MRV) stellen, damit nur tatsächlich erzielte und zusätzliche CO₂-Entnahmen zertifiziert werden. Unternehmen und Landwirte, die Insetting-Projekte planen, sollten diese Entwicklung im Blick haben, da künftige Förderungen oder Anerkennungen (z. B. im Rahmen der GAP-Agrarförderung oder nationaler Programme) daran gekoppelt sein könnten.
- CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive): Ab 2024/25 sind große Unternehmen in der EU verpflichtet, nach der neuen CSRD-Richtlinie detailliert über ihre Nachhaltigkeitsleistung zu berichten – inklusive Klimastrategie und Emissionen. Wichtig in diesem Kontext sind die ESRS (European Sustainability Reporting Standards), insbesondere ESRS E1 (Klimawandel). Darin wird verlangt, Scope 1, 2 und 3-Emissionen auszuweisen und zu erläutern, wie man Emissionen mindert. Offsets dürfen zwar erwähnt werden, aber Unternehmen müssen ihre tatsächlichen Emissionen vor Kompensation offenlegen. Das heißt, man kann sich nicht allein durch Zukauf von Zertifikaten "grünrechnen", sondern muss zeigen, welche realen Reduktionenerreicht wurden. Insetting wird hier zum Trumpf: Firmen können berichten, dass sie konkrete Projekte in der Lieferkette umgesetzt haben (z. B. „Wir haben 1000 Landwirte in regenerative Methoden geschult, wodurch x Tonnen CO₂ weniger ausgestoßen wurden“), anstatt nur „wir haben x Tonnen CO₂-Zertifikate gekauft“. Die CSRD fördert also indirekt den Übergang von Offsetting zu mehr Insetting, weil sie Transparenz schafft. Außerdem greifen ab 2025 strengere Prüfpflichten für die Nachhaltigkeitsberichte – unabhängige Auditoren werden die Angaben verifizieren. Das erhöht den Druck, dass Klimaneutralitätsversprechen substanziell sein müssen.
- CO₂-Bepreisung und -Regulierung: Die wirtschaftlichen Anreize ändern sich ebenfalls. Der EU-Emissionshandel (EU-ETS) wird schrittweise auf weitere Sektoren ausgedehnt, und die Preise für Verschmutzungsrechte steigen. In Deutschland gibt es seit 2021 einen nationalen CO₂-Preis auf Heiz- und Kraftstoffe, der bis 2025 stufenweise angehoben wird. Höhere CO₂-Preise bedeuten: Emissionen werden teurer, Reduktionen lohnender. Unternehmen haben also einen finanziellen Grund, Emissionen nach Möglichkeit intern zu vermeiden – und wenn nicht vermeidbar, dann über verlässliche Removals zu kompensieren. Auch für Landwirte könnte perspektivisch ein CO₂-Zertifikate-Handel interessant werden: etwa wenn landwirtschaftliche Emissionen (z. B. aus Düngung) einen Preis bekommen oder wenn Humusaufbau als negative Emission vergütet wird. Regulatorisch in Diskussion ist zudem der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) der EU, der CO₂-Kosten auf Importe anrechnen will – das betrifft zwar zunächst Stahl, Zement etc., könnte aber langfristig auch Agrarrohstoffe erfassen. Food-Unternehmen werden sich daher verstärkt um niedrige Emissionen in der Lieferkette bemühen müssen, um nicht preislich ins Hintertreffen zu geraten. Hier bietet Insetting proaktiv die Chance, zukünftigen Kosten vorzubeugen.
- EU-Agrarpolitik und „Carbon Farming“: Auch in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU wird Kohlenstoffspeicherung zunehmend Thema. Pilotprogramme für Carbon Farming laufen an, und die Mitgliedstaaten prüfen, wie Landwirte für Klimaleistungen honoriert werden können. Etwa diskutieren Deutschland und andere Länder über Zahlungen für Humusaufbau im Rahmen der Agrarförderung. Diese politischen Initiativen flankieren Insetting-Aktivitäten, indem sie zusätzliche Förderung bieten oder Standards setzen (z. B. ein nationales Emissionsinventar, das solche Senkenleistungen berücksichtigt). Für Landwirte und Kommunen kann es sich also doppelt lohnen, frühzeitig Insetting-Projekte umzusetzen – man sammelt Erfahrungen und kann ggf. von Fördergeldern oder Programmen profitieren, die in Kürze kommen.
Fazit zu Regulierung: Die Trends zeigen klar in eine Richtung: Klimaschutz soll messbar, nachvollziehbar und ehrgeizig sein. Unternehmen und Kommunen werden angehalten, erst zu vermeiden und zu reduzieren, dann Emissionen möglichst intern (insetting) auszugleichen, bevor sie auf externe Kompensation setzen. Gleichzeitig soll durch Standards die Qualität von unvermeidlichen Offsets verbessert werden. Wer sich frühzeitig mit Insetting beschäftigt, ist nicht nur ökologisch auf der sicheren Seite, sondern auch regulatorisch zukunftsfähig.
Beispiele erfolgreicher Insetting- und Offsetting-Projekte
Praxisbeispiele verdeutlichen, wie Carbon Insetting und Offsetting in der realen Welt umgesetzt werden. Im Folgenden drei Beispiele aus unterschiedlichen Bereichen – vom Schifffahrtsunternehmen über den Nahrungsmittelkonzern bis zum Start-up – die als Erfolgsmodelle gelten können:
Beispiel 1: Stena Line – Klimainitiativen in der Schifffahrt
Stena Line, eine der größten Fährreedereien der Welt, hat sich ambitionierte Klimaziele gesetzt. Bis 2050 will das schwedische Unternehmen klimaneutral sein. Neben technischen Innovationen (z. B. Batteriefähren, Effizienzsteigerungen) setzt Stena Line auch auf Kompensation und Insetting. So wurde bekannt, dass Stena Line schon früh auf Landstrom in Häfen umgestellt hat, um Emissionen während der Hafenliegezeit zu vermeiden – ein Beispiel für Emissionsreduktion (Scope 2) innerhalb der eigenen Operation. Für verbleibende Emissionen engagiert sich Stena Line in Klimaprojekten entlang seiner Routen.
Ein konkretes Projekt ist die Partnerschaft mit Landbesitzern in Schottland und Skandinavien, wo Stena Line Aufforstungen finanziert. Diese Wälder dienen als regionale CO₂-Senken, die einen Teil der Fähr-Emissionen ausgleichen. Weil diese Projekte im geographischen Umfeld der Fährverbindungen liegen, kann man sie als eine Form von Insetting betrachten – das Unternehmen investiert in den Regionen, in denen es tätig ist, und schafft dort Biodiversitäts- und Gemeindevorteile. Laut Stena Line hat das Unternehmen schon Tausende Tonnen CO₂ durch solche Initiativen gebunden und gleichzeitig ein positives Signal an Passagiere gesendet: Die Fähren werden perspektivisch klimaneutral betrieben, durch Reduktion, alternative Treibstoffe und lokale Kompensation. Dieses Beispiel zeigt, dass auch ein Transportdienstleister kreative Wege findet, regionale Klimaschutzprojekte mit der eigenen Wertschöpfung zu verbinden.
Zudem arbeitet Stena Line mit Treibstoff-Lieferanten an der Entwicklung von Bio-Methanol aus Abfällen als Schiffstreibstoff. Hier könnte man von Supply-Chain-Insetting sprechen: Das Unternehmen fördert die Entstehung eines klimafreundlichen Brennstoffs innerhalb seiner Treibstofflieferkette, was zukünftige Emissionen stark senken würde. Insgesamt gilt Stena Line in der Schifffahrtsbranche als Vorreiter, weil es frühzeitig sowohl technische Reduktion als auch Kompensation verknüpft hat – und letzteres möglichst dort, wo es auch operiert, um Doppelnutzen zu schaffen.
Beispiel 2: Nestlé – Lieferketten-Insetting in der Lebensmittelproduktion
Nestlé, als globaler Nahrungsmittelhersteller, steht vor der Herausforderung riesiger indirekter Emissionen aus seinem Zutatenkorb (Kaffee, Kakao, Milch, Getreide usw.). Das Unternehmen hat eine umfassende Klimastrategie verabschiedet, die stark auf Insetting mit Landwirten setzt. Nestlé arbeitet weltweit mit über 500.000 Landwirten zusammen – ein enormes Hebelpotenzial.
Ein Highlight ist das Programm zur regenerativen Landwirtschaft, in das Nestlé bis 2030 über 1,2 Milliarden CHF investiert. Es wurden Pilotprojekte gestartet, z. B. in Frankreich mit Getreidefarmern für Nestlés Frühstücksprodukte: Bauern erhalten Schulungen und finanzielle Unterstützung für Humusaufbau, Agroforst und emissionsarme Düngung. Im Gegenzug verpflichtet sich Nestlé, deren Erzeugnisse abzunehmen und eventuelle Mehrkosten zu tragen. So wird gemeinsam CO₂ reduziert – eine klassische Insetting-Lösung, da die Emissionsminderung innerhalb der Lieferketteerfolgt.
Ein anderes Beispiel ist “Nescafé Plan 2030”: Nestlé hilft Kaffeebauern in Lateinamerika und Afrika beim Umstieg auf klimaresiliente Anbaumethoden, inkl. Schattenbäume (die CO₂ binden) und angepasste Düngung. Hierdurch sollen die Kaffee-Emissionen deutlich sinken und pro Tasse Kaffee weniger CO₂ anfallen. Nestlé kann diese Einsparungen als Fortschritt in Scope 3 berichten. Darüber hinaus ergeben sich soziale Vorteile – die Bauern erzielen langfristig bessere Erträge und Einkommen, was Nestlées Versorgungssicherheit erhöht. Dieses Projekt gilt als Best Practice, weil es Klimaschutz, Landnutzung und Existenzsicherung zusammenbringt.
Nestlé betreibt natürlich auch klassisches Offsetting für restliche Emissionen (z. B. Investitionen in Waldschutzprojekte über Zertifikate). Aber das Unternehmen hat offen kommuniziert, dass Offsetting nur der letzte Schritt sein soll. Priorität hat “Avoid – Reduce – Inset – Offset”. So will Nestlé z. B. die betriebsinternen Emissionen (Scope 1 & 2) bis 2025 zu 100 % durch erneuerbare Energie und Effizienz abdecken, die Lieferkettenemissionen bis 2030 massiv drücken und nur die dann noch unvermeidbaren Emissionen mittels Offsets neutralisieren. Dieser Ansatz spiegelt die allgemeine Erkenntnis wider, dass Insetting grundlegender für eine nachhaltige Klimastrategie ist als bloßes Offsetting.
Beispiel 3: Klim – Plattform für Carbon Farming und Insetting
Klim (Klim GmbH) ist ein deutsches Start-up, das 2020 gegründet wurde, um Landwirte und Unternehmen im Kampf gegen den Klimawandel zu vernetzen. Über eine digitale Plattform und App ermöglicht Klim Landwirten, regenerative Landwirtschaft umzusetzen und den Effekt auf CO₂ zu erfassen. Die Bauern erhalten Anleitung (z. B. welche Zwischenfrüchte säen, wie Bodenproben nehmen etc.) und erfassen ihre Maßnahmen in der App. Am Ende des Jahres berechnet Klim mit wissenschaftlichen Modellen, wie viel CO₂ dadurch zusätzlich im Boden gespeichert oder an Emissionen vermieden wurde.
Das Besondere: Unternehmen können diese CO₂-Einsparungen kaufen, um ihre eigene Bilanz zu verbessern. Klim fungiert also als Vermittler für Insetting-Projekte. Beispielsweise kann ein Lebensmittelhändler oder Hersteller gezielt regionale Landwirte über Klim fördern. Die Landwirte werden für ihre Klimaleistungen bezahlt, und das Unternehmen kann die erworbenen CO₂-Zertifikate nutzen, um die Emissionen seiner Produkte oder Standorte teilweise auszugleichen – bevorzugt natürlich in der eigenen Lieferkette. Sollte der Bezug nicht direkt sein, wäre es formal Offsetting, aber Klim versucht Partnerschaften aufzubauen, in denen z. B. ein Milchverarbeiter mit genau den Milchbauern an Klimaprojekten teilnimmt, von denen er die Milch bezieht – somit echtes Insetting.
Ein Beispielprojekt ist Klim’s Zusammenarbeit mit einigen Molkereien in Norddeutschland: Hier wurden Milcherzeuger ins Programm geholt und ein großer Einzelhändler kauft die Zertifikate, um die Milchprodukte klimafreundlicher zu machen. Auch Kommunen haben Interesse gezeigt, über Plattformen wie Klim ortsnahe Landwirte für den kommunalen Klimaschutz einzubinden.
Klim zeigt, dass moderne Technologie und Datenverarbeitung das Monitoring und die Vermittlung von Insetting erleichtern. Der Erfolg der Plattform (bereits Hunderte Landwirte und mehrere Unternehmen an Bord) verdeutlicht das wachsende Interesse an praktikablen Lösungen für Carbon Insetting. Mit einer solchen Plattform lässt sich der oft aufwändige Prozess – Landwirt finden, Maßnahmen festlegen, CO₂-Effekt berechnen, verifizieren, Zahlung abwickeln – stark vereinfachen. Anbieter wie Klim, aber auch andere (etwa Carbonfuture für Forstprojekte, Nori in den USA für Bodencarbon etc.), professionalisieren den Markt für Insetting/Carbon Removal. Das steigert die Transparenz und Glaubwürdigkeit, was letztlich allen Beteiligten zugutekommt.
Kritikpunkte und Risiken: Worauf muss geachtet werden?
Trotz aller Chancen von Carbon Offsetting und Insetting gibt es auch Kritik und Risiken, die man kennen sollte, um Fehler zu vermeiden:
- Greenwashing-Vorwurf: Ein zentrales Risiko ist, dass Kompensation als Feigenblatt genutzt wird. Unternehmen könnten versucht sein, an ihren emissionsträchtigen Aktivitäten nichts Grundlegendes zu ändern und stattdessen großzügig Offsets zu kaufen, um sich klimaneutral zu nennen. Dies wird von NGOs und Medien stark kritisiert. Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Großteil mancher Zertifikate kaum echte Wirkung hat – z. B. fand eine Analyse 2023, dass über 90 % der Regenwald-Offsets des größten Zertifizierers Verra weitgehend wertlos sindtheguardian.com. Solche Schlagzeilen erhöhen den Druck auf Unternehmen, sehr sorgfältig vorzugehen. Insetting mindert zwar den Greenwashing-Verdacht, weil man intern aktiv wird, dennoch muss auch hier die Gefahr gebannt werden, dass Insetting nur auf dem Papier passiert. Transparenz ist der Schlüssel: Unternehmen sollten klar kommunizieren, welche Projekte sie machen, welche Emissionen damit reduziert oder entfernt wurden und wie dies gemessen wird.
- Zusätzlichkeit und Doppelzählung: Ein guter Klimaschutzbeitrag muss additional sein, d.h. ohne das Projekt würde die Emissionsminderung nicht passieren. Bei Offsetting wird dies oft geprüft (würde der Wald auch ohne die Geldzahlung wachsen? Wenn ja, kein echter Offset). Bei Insetting muss man ebenfalls aufpassen: Fördert ein Unternehmen z. B. eine Maßnahme, die der Lieferant ohnehin aus gesetzlichen Gründen gemacht hätte, ist der Zusatznutzen fraglich. Auch darf es keine Doppelzählung geben – das heißt, die CO₂-Einsparung eines Projekts darf nicht von zwei Parteien gleichzeitig beansprucht werden. In Lieferketten ist das relevant: Wenn ein Landwirt CO₂-Zertifikate an das Unternehmen verkauft, darf er dieselbe Einsparung nicht woanders nochmal verkaufen oder für eigene Neutralitätsziele verbuchen. Klare Verträge und idealerweise Einbindung in ein zentrales Register (z. B. wie bei Proba erwähnt, ein Blockchain-Registerproba.earth) können sicherstellen, dass jede Tonne CO₂ nur einmal angerechnet wird.
- Permanenz: Vor allem bei natürlichen CO₂-Senken (Wälder, Humus, Moore) stellt sich die Frage der Dauerhaftigkeit. Ein Wald kann in 30 Jahren abbrennen oder wegen Schädlingen absterben – was passiert dann mit den gutgeschriebenen Offsets? Ähnlich kann im Boden gespeicherter Kohlenstoff bei falscher Bewirtschaftung wieder freigesetzt werden. Gute Programme arbeiten daher mit Risikopuffern und langfristigen Verbindlichkeiten: z. B. verpflichtet sich ein Landwirt, den aufgebauten Humus für X Jahre zu erhalten, oder ein Aufforstungsprojekt hat Versicherungspuffer. Dennoch bleibt ein Restrisiko. Technische CO₂-Speicher (wie Direct Air Capture + Speicherung im Untergrund) sind in dem Sinne dauerhafter, aber extrem teuer. Nutzer von Offsetting/Insetting sollten die Permanenzfrage im Blick haben und ggf. überkompensieren, um Risiken auszugleichen.
- Messung und Verifizierung: Ein gern genannter Kritikpunkt ist, dass es schwierig sei, genau zu messen, wie viel CO₂ durch ein Projekt eingespart wurde. Bei Industrie-Emissionen (eine Tonne CO₂ nicht emittiert, weil Effizienz) ist das noch relativ klar. In der Landnutzung hingegen gibt es Unsicherheiten (Bodenproben haben Ungenauigkeiten, Modelle verschiedene Annahmen). Deshalb ist es wichtig, auf anerkannte Methoden und unabhängige Prüfer zu setzen. Seriöse Insetting-Projekte nutzen Protokolle, die wissenschaftlich validiert sind, und lassen Ergebnisse von Dritten auditieren proba.earth. Beispielsweise arbeiten Plattformen wie Klim mit Universitäten zusammen oder Proba mit TÜV-Prüfung für ihre Impact Units. Unternehmen sollten darauf achten, dass für jede angeblich “neutralisierte” Tonne CO₂ ein nachvollziehbarer Prüfpfad existiert.
- Kosten und Effizienz: Offsetting war lange Zeit relativ günstig – Zertifikate kosteten teils nur 5–10 € pro Tonne CO₂. Hochwertiges Insetting kann teurer sein, denn man investiert direkt in Projekte (z. B. neue Maschinen für Landwirte, Beratung, Prämien). Allerdings steigen die Preise für seriöse Offsets mittlerweile ebenfalls (für qualitativ hochwertige Removals 2025 durchaus 50–100 € pro Tonne). Insetting kann sich rechnen, wenn es gleichzeitig andere Werte schafft (bessere Qualität, lokale Entwicklung, Markenbildung). Dennoch müssen Unternehmen die Wirtschaftlichkeit betrachten. Ein Risiko ist, dass Insetting-Projekte nicht den geplanten CO₂-Ertrag liefern (z. B. weniger Humusaufbau als erhofft) – dann hat man Geld investiert und muss evtl. doch noch Offsets zukaufen. Dem beugt man vor, indem man Pilotprojekte startet, klein anfängt und aus den Ergebnissen lernt, bevor man großskalige Versprechen macht.
Zusammengefasst: Carbon Offsetting und Insetting müssen seriös betrieben werden, um Wirkung zu erzielen und Glaubwürdigkeit zu behalten. Kritiker haben in der Vergangenheit zurecht auf Schwachstellen hingewiesen (Undurchsichtigkeit, zweifelhafte Projekte). Durch neue Standards, Technik und vor allem den Fokus auf Vermeidung/Reduktion zuerst kann diesen Risiken begegnet werden. Unternehmen, Landwirte und Kommunen sollten frühzeitig interne Kompetenz oder externe Beratung aufbauen, um die Qualität ihrer Klimaprojekte sicherzustellen – beispielsweise durch Zusammenarbeit mit erfahrenen Partnern wie tgo AG, die bei Projektentwicklung, Monitoring und Reporting unterstützen.
Strategische Einordnung: Vermeiden – Reduzieren – Insetzen – Ausgleichen
Immer wieder angeklungen ist die Klimaschutz-Hierarchie: „Avoid – Reduce – Inset – Offset“. Diese Reihenfolge hat sich als Best Practice etabliert, um sicherzustellen, dass Klimaneutralität nicht nur auf dem Papier erreicht wird. Aber was heißt das konkret?
- Vermeiden (Avoid): Die oberste Priorität ist, Emissionen gar nicht erst entstehen zu lassen. Für Unternehmen heißt das z. B., klimaschädliche Tätigkeiten zu hinterfragen – kann man Dienstreisen durch Videokonferenzen ersetzen? Kann man ein Produkt so designen, dass in der Nutzungsphase weniger Emissionen anfallen? Für Landwirte: Gibt es Alternativen zu bestimmten Emissionsquellen (z. B. Stickstoffüberschüsse vermeiden, weniger Abfall durch bessere Planung)? Jede vermiedene Tonne CO₂ muss später nicht kompensiert werden. Dieser Schritt spart oft auch Kosten (weniger Energieverbrauch, weniger Inputmittel).
- Reduzieren (Reduce): Nicht vermeidbare Emissionen sollten aktiv verringert werden. Das umfasst Effizienzsteigerungen, neue Technologien, Verhaltensänderungen. Beispiele: Ein Lebensmittelwerk stellt seine Prozesse auf energieeffiziente Anlagen um, Landwirte optimieren Fütterung und Güllemanagement zur Senkung von Methan, Kommunen rüsten ihre Busse auf Elektroantrieb um. Auch der Wechsel zu Erneuerbaren Energien fällt hierunter – Strom aus Solar/Wind zu beziehen reduziert die Scope 2-Emissionen drastisch. Reduktion erfordert oft Investitionen, zahlt sich aber mittel- bis langfristig aus und ist unerlässlich, um die absoluten Emissionen nach unten zu bringen.
- Insetting (Lieferketten-interne Kompensation): Für Emissionen, die trotz aller Vermeidungs- und Reduktionsmaßnahmen verbleiben, sollte zunächst nach Lösungen im eigenen Einflussbereich gesucht werden – dem sogenannten Insetting. Warum? Weil Insetting nicht nur CO₂ einspart, sondern gleichzeitig das eigene System nachhaltiger macht. Jede Tonne, die innerhalb der Lieferkette gebunden wird, stärkt Beziehungen und Lernprozesse mit Partnern. Unternehmen bauen Know-how auf, wie man Net-Zero in der Praxis umsetzt. Zum Beispiel könnte ein Konzern die noch verbleibenden Emissionen seiner Produktverpackungen durch ein Programm mit seinem Materiallieferanten ausgleichen: Der Lieferant pflanzt in der Umgebung seines Werks Bäume oder fängt CO₂ aus seinem Schornstein – mit Finanzierung des Konzerns. So bleibt das Geld „in der Familie“ und erzeugt Innovation. In Zahlen ausgedrückt: Wenn nach Avoid/Reduce z. B. noch 100.000 t CO₂ pro Jahr übrig bleiben, sollte das Unternehmen versuchen, einen Großteil davon durch Insetting-Projekte in den nächsten Jahren zu neutralisieren (etwa Humusaufbau bei Zulieferern, Aufforstung eigener Liegenschaften etc.)proba.earth. Dabei immer mit überprüfbarer Bilanzierung, damit die Wirkung echt ist.
- Offsetting (externes Ausgleichen): Erst ganz zum Schluss kommt das Offsetting ins Spiel – für die Emissionen, die man wirklich nirgendwo anders eliminieren oder kompensieren kann. Diese wird man mit zertifizierten Projekten außerhalb der eigenen Wertschöpfungskette ausgleichen. Hier sollte man höchste Qualitätsmaßstäbe anlegen: Nur Projekte mit zusätzlicher, überprüfter und dauerhafter CO₂-Minderung sollten ausgewählt werden. Glücklicherweise steigt das Angebot an hochwertigen Carbon Removal Offsets (z. B. Aufforstung mit Langzeitzusage, direkte CO₂-Luftabscheidung etc.). Dennoch bleibt Offsetting der letzte Ausweg. Kein Unternehmen und keine Kommune kann sich langfristig freikaufen, ohne zuvor eigene Anstrengungen zu unternehmen – das wird auch von Investoren, Regulierern und der Öffentlichkeit so erwartet.
Hinweis: Diese Abfolge ist kein „nice to have“, sondern essenziell für echte Klimaneutralität. Insettingspielt darin eine Schlüsselrolle, denn es adressiert den Kern der eigenen Wertschöpfung – “tackle the core of the problem”proba.earth, wie es Experten formulieren. Insetting stärkt das Geschäftsmodell und die Beteiligten, während Offsetting ohne Insetting davor nur Symptome kuriert. Deshalb sollte die Devise lauten: Erst wenn ich alles in meinem Einflussbereich getan habe, greife ich zu externen Mitteln.Diese strategische Einordnung stellt sicher, dass Klimastrategien robust und glaubwürdig sind.
Fazit: Gemeinsam aktiv werden – mit Vorrang für Insetting
Carbon Insetting und Offsetting bieten wirksame Instrumente, um Klimaschutz über Sektoren hinweg umzusetzen. Landwirte, Lebensmittelunternehmen und Kommunen nehmen darin jeweils spezifische Rollen ein – vom Emissionsreduzierer bis zum CO₂-Senken-Bereitsteller. Entscheidend ist, dass alle an einem Strang ziehen: Emissionen vermeiden, reduzieren und wenn nötig kompensieren – zunächst innerhalb der eigenen Lieferkette oder Region (Insetting), und nur was dann übrig bleibt durch externe Projekte (Offsetting). So entstehen ganzheitliche Klimastrategien, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll sind.
Für Landwirte bedeutet das: Nutzen Sie die Chancen der regenerativen Landwirtschaft und werden Sie Teil von Insetting-Programmen. Ihr Beitrag zum Humusaufbau oder zur Aufforstung ist nicht nur gut fürs Klima, sondern erhöht auch die Bodenqualität und kann neues Einkommen generieren. Lebensmittelunternehmen sollten proaktiv auf ihre Lieferanten zugehen und Kooperationen für nachhaltige Anbaumethoden, Tierhaltung und Logistik schließen – das stärkt die Lieferbeziehungen und senkt die Scope-3-Emissionen nachhaltig. Kommunen schließlich können durch lokale Klimaprojekte doppelten Nutzen stiften: Klimaschutz plus regionale Wertschöpfung. Indem Städte, Betriebe und Landwirte regional kooperieren, wird Klimaschutz greifbar und sichtbar für die Bürger.
Am Ende zählt Glaubwürdigkeit: Transparente Berichterstattung, wissenschaftliche Fundierung und externe Überprüfung machen die Unterschiedlichkeit zwischen PR-Maßnahme und echtem Klimaschutz aus. Wer auf Insetting setzt, demonstriert, dass Klimaschutz integraler Bestandteil der eigenen Wertschöpfung ist – eine Botschaft, die heute für Reputation und Markenvertrauen zentral ist. Offsetting bleibt sinnvoll, aber nur als Ergänzung, nicht als Ausrede.
So unterstützt die tgo AG Ihre Klimaschutzprojekte
Die tgo AG steht Ihnen als kompetenter Partner zur Seite, um aus diesen Konzepten konkrete Aktionen zu machen. Mit unserer Expertise in nachhaltigen Lieferketten, Carbon Farming und Klimastrategien unterstützen wir Landwirte, Unternehmen und Kommunen dabei, maßgeschneiderte Insetting-Programme zu entwickeln und umzusetzen:
- Für Landwirte: Wir beraten landwirtschaftliche Betriebe bei der Umstellung auf regenerative Methoden und helfen, passende Programme zur Honorierung von Humusaufbau und CO₂-Sequestrierung zu finden. Werden Sie Teil von Pilotprojekten und Carbon-Farming-Netzwerken, um von Ihrer Klimaleistung zu profitieren. Jetzt mehr erfahren: Kontaktieren Sie unser Agrar-Team!
- Für Lebensmittelunternehmen & Industrie: Ob Klimastrategie, Scope-3-Management oder Lieferantenprogramme – tgo AG entwickelt gemeinsam mit Ihnen effektive Insetting-Strategien. Von der Identifikation der Hotspots in Ihrer Lieferkette bis zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen mit Ihren Partnern stehen wir Ihnen zur Seite. Lassen Sie sich von unseren Experten beraten, wie Sie Emissionen innerhalbIhrer Wertschöpfungskette reduzieren und kompensieren können!proba.earth
- Für Kommunen: Wir helfen Städten und Gemeinden, regionale Klimaprojekte zu initiieren – sei es durch Aufforstung, Moorschutz oder Kooperation mit lokalen Landwirten. Nutzen Sie unsere Erfahrung, um Bürger, Landwirte und örtliche Unternehmen ins Boot zu holen und gemeinsam Klimaziele zu erreichen. Gestalten Sie mit uns Ihr kommunales Klimaschutzprogramm – praxisnah und wirkungsvoll!
Mit dem richtigen Mix aus Insetting und (wo nötig) Offsetting können Sie aktiv zum Erreichen der Klimaziele beitragen. Die tgo AG unterstützt Sie dabei, aus Visionen Taten werden zu lassen – faktenbasiert, professionell und passgenau für Ihre Bedürfnisse. Kontaktieren Sie uns noch heute, um Ihre Klimaschutzreise auf das nächste Level zu heben. Gemeinsam machen wir Klimaschutz zum integralen Bestandteil Ihrer Wertschöpfung! Jetzt handeln – für eine nachhaltige Zukunft.